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Welche Möglichkeiten liegen in der Kombination von digitalen Produktionstechniken und der analogen Erstellung von Schriften? Welche Materialien lassen sich verwenden? Wie wirken sich diese auf den Druck aus? Wie beeinflusst der Einsatz von digitalen Produktionsmethoden den Prozess des analogen Druckens? Lässt sich so eine neue ästhetische Anmutung entwickeln? Diesen Fragen möchte ich dabei auf den Grund gehen und versuchen der analogen Erstellung von Schriften durch die Kombination mit modernen Techniken eine neue Ästhetik gegenüber zu stellen und so neue Werke zu schaffen. Diese Werke sollen sich dabei gegenseitig beeinflußen und aufeinander aufbauen. Das experimentelle Arbeiten bzw. der Prozess zur Erstellung von Schriften wird Hauptbestandteil meiner Arbeit werden. Diesen Prozess werde ich dabei in einem Archiv dokumentieren, um so später auf die angewendeten Prozesse zur Erstellung einer bestimmten Form zurückgreifen zu können.

Fragen
– Welche Materialien kann man verwenden?
– Wie wirkt sich das Material auf den Druck aus?
– Was geschieht während des Druckprozesses?
– Wie lässt sich mit dem Material arbeiten?
– Was für ein Potential steckt in der Kombination von digitalen und analogen Produktionsmethoden?
– Was sind die Grenzen von digitalen Produktionstechniken?
– Hat der analoge Handsatz in der heutigen digitalen Welt noch einen nutzen?

Zielsetzung
– Experimentelles Arbeiten
– Kombination von manueller und digitaler Arbeitsweise
– Möglichst viele verschiedene Schriftexperimente erstellen

Fragestellung
– Welche Möglichkeiten liegen in der Kombination von digitalen Produktionstechniken und der analogen Erstellung von Schriften?

From _____ To _____
Durch moderne Technologien hat man als Designer mehr Kontrolle über seinen kreativen Output. Dennoch sorgen gerade diese Technologien dafür, dass man immer mehr zu Perfektion strebt. Doch zu Beginn der digitalen Schriftgestaltung musste man mit vielen »Fehlern« leben. Die Akzeptanz dieser »Fehler« war damals viel größer — sie wurden toleriert. Heutzutage werden diese »Fehler« sofort durch technologische Perfektion verbessert — »Störungen« werden sobald sie entstehen »ausgemerzt«. Durch neue Technologien entsteht so eine Welt die immer perfekter und realistischer wird. Dennoch haben für uns diese alten »Fehlverhalten« oder »Störungen«, die z.B. auch im Handsatz entstehen können, immer einen Reiz und rufen eine gewisse Faszination hervor. Durch meine Schriftexperimente möchte ich wieder einen Schritt zurück in diese Welt voller »Fehler« gehen, die neuen Technologien dabei — erst einmal — bewusst meiden. Auch möchte ich keine »professionellen« Schriften erstellen. Es sollen eigene Schriften entstehen die nicht perfekt sind, jedoch ihren eigenen Charme haben und durch die unterschiedlichsten Macharten auffallen. Der Einfluss von verschiedenen Technologien auf die Schriftgestaltung wird dabei analysiert.

METATYPE

Mein Experiment beginnt mit dem Wort »METATYPE«, das im Handsatz mit der Schrift »Futura halbfett 12 Punkt« gesetzt wird. Diese Ursprungsform wird dann im Laufe der Zeit durch neue Entwicklungen ausgestaltet, sie beginnt neue Formen anzunehmen. In der ersten Phase wird die Ursprungsform ausschließlich analog bearbeitet. Es entstehen neue Formen, die von der Norm abweichen. Die Ursprungsform entwickelt sich neu, löst sich auf, wird reduziert. Langsame und rasche Evolutionsschritte wechseln sich ab, so entstehen neue Typen die aufeinander aufbauen oder ohne jeden Bezug nebeneinander stehen und nur die Ursprungsform gemeinsam haben. Das Ergebnis sind neue Ursprungsformen, neue Typen für die zweite Phase. In dieser Phase wird die Ursprungsform nun digital bearbeitet. So bilden sich in diesem nächsten Schritt des Evolutionsvorgangs wiederum neue Formen. Während meiner Schriftexperimente entsteht so eine schrittweise erfolgende Evolution der Typografie — bzw. der Ursprungsform —, in deren Verlauf Neuentwicklung, Auflösung und Reduktion von Merkmalen neue Schriftbilder entstehen lassen.

»METATYPE« (gr. méta ›zwischen, inmitten, nach, nachher, später (im Sinne der Umwandlung, des Wechsels)‹; gr. týpos ›Schlag, Gepräge‹ oder ›Vorbild, Skizze‹) gesetzt in »Futura Halbfett 12 Punkt« dient hierbei als von mir festgelegte originale oder primäre Ursprungsform. »Futura halbfett« wurde dabei aus mehreren Gründen festgelegt: Ihre Strichstärken sind gleichmäßig und die Buchstaben stark geometrisch. Sie gilt als Prototyp der »konstruierten« Schriften und ist weitgehend bekannt. Auch in meinem Experiment wird sie so zum Prototypen. Durch ihre konstruierte Art kann auch ich schnell neue Schriftgebilde konstruieren. Die spezifischen Eigenschaften und Merkmale der Futura sollten dabei stets erkennbar bleiben, müssen es aber nicht zwingend.
Die neu entstehenden Typen aus den Phasen eins und zwei, werden zu Metatypen. Sie wurden von mir auf der Basis der Ursprungsform — des Prototypen »Futura halbfett 12 Punkt« — festgelegt bzw. erstellt und mit ihr verglichen. Dabei wechseln und verändern sie ihre Form, basieren jedoch immer auf dem Vorbild der ursprünglichen Form. Nach und nach entwickeln sich also während der Evolutionsschritte unterschiedliche neue Typen, die auf ein und dieselbe Ursprungsform zurückgreifen.

FUTURA

Von Freunden ermutigt, begann Paul Renner 1925 eine eigene Schrift zu entwickeln, »die ganz dem »Geist der Zeit« entspreche« (Bertram, Axel: Das wohltemperierte Alphabet, 2005, S. 152). Er fing an streng konstruierte Buchstaben zu zeichnen, die lose auf den Grundformen des Quadrates, Kreises und Dreiecks basierten. 1927 erschien nach mehreren Vorstufen das erste Schriftmusterblatt, auffällig sind hier die als Spezialfiguren deklarierten Formen der Buchstaben a, g, n, m und r. 1928 wurde schließlich die Futura, ohne die Spezialfiguren, durch die Bauersche Gießerei herausgebracht. Die Großbuchstaben gleichen dabei denen der römischen Inschriften, denn Renner hatte die Absichten eine Groteskschrift im Sinne der Schrifttradition zu gestalten. Die Futura setzt sich so, wie ihr antikes Vorbild, aus den geometrischen Grundformen zusammen. Doch wurde sie nicht nach einem geometrischen System konstruiert, sondern »der Zug der Breitfeder hat ihren Charakter geprägt. Ihre Gestalt widerstrebt von daher jeder Darstellung mit Zirkel und Lineal. Es bedarf großer Kunstfertigkeit, ihnen den Anschein von Konstruktion zu geben« (Bertram, Axel: Das wohltemperierte Alphabet, 2005, S. 152f.). Die Futura wurde schnell zu einer der populärsten Schriftarten des 20. Jahrhunderts und findet noch heute Verwendung. Außerdem gilt sie als Prototyp der geometrischen oder konstruierten Groteskschriften.

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RECHERCHE

Neben meinem praktischen Teil behandelte ich die Geschichte der Schrift in meinem theoretischen Teil. Einen wichtigen Teil spielt dabei die Entwicklung im Blei- und Handsatz, aber auch wichtige Schritte in der Entwicklung der Schrift, das Aufkommen von den ersten großen Schriftschneider, bis hin zu neuen technologischen Entwicklungen spielten eine Rolle. Einen Abriss in Bildern stelle ich auf dieser Seite in Form von Zeitleisten dar. Die Zeitleisten sind hier zu finden: Zeitleisten.

SCHRIFTEXPERIMENTE

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Während der Bearbeitungszeit erstellte ich so viele Schriftexperimente wie möglich. Als Ausgangspunkt dient das Wort »METATYPE«, welches im Handsatz in der Schrift »Futura Halbfett 12 Punkt« gedruckt wurde. Die Ergebnisse meiner Schriftexperimente sind in diesem Archiv festgehalten: Schrift Experimente.

EXPERIMENTE MIT MATERIALIEN

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Neben den Schriftexperimenten führte ich Materialexperimente durch. Anhand dieser wollte ich feststellen, welche Materialien sich im Handsatz bzw. Hochdruckverfahren besonders gut einsetzen lassen und mit welchen Maschinen man diese bearbeiten kann. Die Ergebnisse und die benutzten Materialien sind hier zu sehen: Material Experimente.

AUSWAHL AN EXPERIMENTEN FÜR DEN HANDSATZ

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Nachdem ich die Schriftexperimente und Materialexperimente abgeschlossen hatte, entschied ich mich dazu eine Auswahl an typografischen Experimenten für den Handsatz umzusetzen. Als Produktionsart für die Schriftblöcke wählte ich dabei zwei »traditionelle« und zwei »moderne« Verfahren. Die »traditionellen« Verfahren sind der klassische Holzschnitt und das Bearbeiten von Holzblöcken mit einem Pantographen, diesen baute ich für mein Vorhaben aus Holzleisten, auf die ein Dremel aufgesetzt werden kann. Mit dem Pantographen können Bilder im Maßstab 2:1 nachgeschnitten werden. Die »modernen« Verfahren sind der Lasercutter und die CNC-Fräse. Die Schriftexperimente wählte ich dabei bewusst auf das jeweilige Produktionsverfahren und dessen Möglichkeiten aus. So kann man z.B. mit dem Lasercutter sehr detailreiche Bilder schneiden. Für den Pantographen wählte ich Schriftexperimente mit weniger Details und einfachen Formen. In jedem Produktionsverfahren schnitt ich fünf Schriften. So entstanden insgesamt 20 Schriftblöcke. Die Drucke und einige Anmerkungen zu den Produktionsarten sind hier zu finden: Auswahl Experimente.

AUFSTELLUNG VON SCHRIFTSCHNITTEN

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Aufbauend auf der Auswahl meiner typografischen Experimenten erstellte ich verschiedene Schnitte für die Futura Halbfett. Dabei übertrug ich grafische Elemente und Stilmittel meiner Schriftexperimente auf die Futura Halbfett. Außerdem sind sie von den damaligen Stilen der Holzschriften beeinflusst. Ich begann damit die neuen Schnitte in Illustrator zu erstellen. Die so entstandenen Vektordaten konnte ich dann von Illustrator aus für das 3D-Programm Rhinoceros exportieren. Mit Rhinoceros erstellte ich später die dreidimensionalen Daten für die CNC-Fräse. Zu diesen wurden von Lena Matull, der studentischen Hilfskraft, die Daten für die CNC-Fräse vorbereitet. Dafür müssen für jeden Fräsgang eigene Bahnen mit den unterschiedlichen Fräsköpfen angelegt werden.

IMPORTIERUNG IN GLYPHS

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Zusätzlich importierte ich die Vektordaten in Glyphs. Mit diesem Programm zur Erstellung von Schriften bearbeitete ich die Schriften weiter und konnte von dort aus EOT-, TTF-, und WebFont-Dateien erstellen. Das Kerning wurde dabei auf beiden Seiten bewusst auf 10 Einheiten gesetzt.

Never Suffer From Futura Again

Umgekehrt

Futura – So Simple Even Your Kids Can Do It

Kontur

Amazing Futura Tips From Brad Pitt

Kontur doppelt

Jaw-Dropping Truths About Futura

Schatten offen

The Lazy Way To Futura

Schatten vertikal

Does Futura Sometimes Make You Feel Stupid?

Schatten offen mit Kontur

Futura? It is Easy If You Do It Smart

Streifen vertikal

Now You Can Have The Futura Of Your Dreams

Streifen horizontal

SCHRIFT SCHEMA

Wie viele Buchstaben werden für die Erstellung einer Schrift für den Handsatz benötigt? Ich orientierte mich dafür an einem alten Schrift Schema für Holzschriften. Sie zeigen die Anzahl an Zeichen für einen kompletten Schriftsatz. Für meine Entwürfe entschied ich mich für das A3 Schema und brachte noch einige zusätzliche Zeichen mit ein.

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Futura Halbfett

FRÄSEN DER HOLZLETTERN

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Neben der Futura halbfett entschied ich mich für den Anfang von den erstellten Schriften die Varianten mit horizontalen Streifen und dem offenen Schatten zu fräsen. Mit diesen drei Schnitten sind mehrere Kombinationen der einzelnen Schnitte untereinander möglich. Als Material wählte ich 24 mm starkes Multiplex Buche. Dank dieser Stärke konnte ich problemlos auf eine Schrifthöhe von 23,56 mm kommen. Um jedes Zeichen wurde zusätzlich ein Rahmen gelegt, der ein Fleisch links und rechts der Zeichen von 1 mm erzeugt. Die Kegelhöhe beträgt 71,44 mm, bzw. 190 Didotpunkt.

VERSIEGELUNG DER HOLZLETTERN

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Zur Versiegelung der Holzlettern wählte ich zwei Verfahren, wie sie bereits damals bei der Produktion von Holzlettern verwendet wurden. Nach dem ich das Holz angeschliffen hatte, trug ich per Hand Leinölfirnis auf die Holzlettern zum Schutz des Holzes auf. Das Leinölfirnis bildet nach der Trocknung eine dünne Schicht. Nach etwa 24 Stunden Trocknungszeit kam eine Schicht Schellack als letzte Versiegelung auf die Holzlettern.

ERSTE DRUCKE

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Nachdem die Versiegelung durchgetrocknet war, fing ich damit an die ersten Drucke mit meinen Holzlettern zu erstellen. Ich begann mit Drucken in schwarz, gefolgt von einigen Farbdrucken.

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Meine Schriftschnitte wurden mit der Überlegung angelegt, diese als modulares Schriftsystem zu nutzen. Durch die verschiedenen Stile sind Überlagerung der Schriften und dadurch auch ein Spiel mit verschiedenen Farben möglich. Wenn die anderen von mir erstellten Schriftschnitte noch produziert werden, würden hier eine Vielzahl an Möglichkeiten entstehen.

ZUKUNFT

Mit der Produktion der anderen, von mir erstellten, Schriftschnitte wären interessante Überdrucke, Überlagerungen und Kombinationen möglich. Das modulare System ließe sich um ein Vielfältiges erweitern. Dennoch müssten an der CNC-Fräse einige Änderungen vorgenommen werden, falls diese möglich sind. Feinere und schärfere Fräsköpfe sollten benutzt werden und es sollte ausprobiert werden, ob die Möglichkeit besteht runde Ecken zu vermeiden. So wäre es eventuell möglich dichter an den originalen Pfaden zu bleiben. Alternative müsste man Schriften an die Vorgaben und Möglichkeiten der Fräse anpassen. Also Ecken mit einem geringen Radius einkalkulieren, gewisse Abstände einhalten, keine zu feinen Details erstellen.
 
 
 
 
 
 
 

DANK

Ich möchte all den Leuten danken, die mich während meines Projektes unterstützt haben, denn ohne ihre Hilfe, Tipps und Anregungen wäre all dies nicht möglich gewesen.
Danke an Prof. Tania Prill, Prof. Samuel Nyholm, alle Studenten des MA-Studios »From Aleph To Eternity«, die Werkstattleiter und die dazugehörigen Hilfskräfte Werner Budde, Ute Alexandra Fischer, Harry Heimsoth, Karl Robert Strecker, Markus Walthert, Benedikt Jährling, Lena Matull, Lucas Schmidt, Anselm Stählin, Lennart Ulrich, dem FabLab Bremen, besonders Leonard Spillner, außerdem Rebecca Wilkens, Jens Schulz und alle die hier nicht erwähnt wurden, zu guter letzt natürlich auch meiner Familie.